Herbst 2023 - Das große Schlachten

Hier finden Sie fotografische Eindrücke.

Kunstaustellung und Veranstaltungsreihe vom 9. September bis 8. Oktober 2023 im Spannungsfeld von Krieg und Frieden

Ausstellungskonzeption: Moritz Götze

Mit Werken von Roland Boden, Alexander Glyadyelov, Klaus E. Göltz, Nguyen Xuan Huy, Matthäus Merian dem Älteren, Dana Meyer und Oleksandr Mykhed.

Öffnungszeiten

sonnabends, sonntags, jeweils 11 bis 17 Uhr (kostenfrei)

9. September, 15 Uhr

Ausstellungseröffnung

mit einer Begrüßung von Lüder Laskowski (Kaisersaschern e.V.) und Grußworten von Staatssekretär Dr. Sebastian Putz und dem Direktor der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt Maik Reichel sowie einer Einführung von Moritz Götze (Kaisersaschern e.V.).

Musik: Andreas Gerth (Electronica/Dub/Jazz)

16. September, Einlass ab 19.30 Uhr

Film „Mariupolis 2“ (2022)

In den Krieg hinein geht die Dokumentation des litauischen Filmemachers Mantas Kvedaravičius. Er besucht die Menschen aus einer früheren Dokumentation wieder und zeigt, wie sie verzweifelt versuchen, in den Ruinen zu überleben. Die Aufnahmen entstanden in den letzten Tagen vor dem Fall der Stadt. Beim Versuch das Filmmaterial zu sichern, wurde er Anfang April 2022 von russischen Soldaten gefangen genommen und erschossen. Die befreundete Cutterin Dounia Sichov hat den Film mit Unterstützung seiner Lebensgefährtin Hanna Bilobrova für ihn und die Nachwelt vollendet.

22. September, 17 Uhr

Ukrainische Literatur heute – eine lebendige Anthologie

Lesung und Gespräch mit Claudia Dathe

Zahlreich sind die eigenständigen, klugen und widerständigen Stimmen in der ukrainischen Literatur. Einen lebendigen aktuellen Überblick über die Szene gibt in gelesenen Texten und erzählten biografischen Hintergründen wie eigenen Erlebnissen die Übersetzerin Claudia Dathe. Sie koordiniert einen Forschungsverbund an der Fakultät Kulturwissenschaften der Europauniversität Viadrina Frankfurt/Oder. Ihr ist sowohl die Ukraine als auch Russland vertraut. Für Ihre Übersetzungen erhielt sie mehrere Preise.

30. September, Einlass 19.30 Uhr

Film „Im Westen nichts Neues“ (1930)

Lewis Milestone schuf mit „Im Westen nichts Neues“ den wohl ehrlichsten und bedeutendsten Antikriegsfilm der Kinogeschichte und erhielt dafür Oscars® für den „Besten Film“ und die „Beste Regie“. Nach dem Roman von Erich Maria Remarque zeigt Milestone eine ungeschönte Abrechnung mit dem Ersten Weltkrieg. Der Realismus des Films führte in vielen Ländern selbst Jahre später noch zu Zensur oder Verbot.

8. Oktober, 15 Uhr

Ausstellungsabschluss

noch einmal Musik, Austausch, Kaffee, Kuchen und Wein …

Oben auf dem Berg, in der Mitte des Dorfes, ragt die Ruine schroff in den Himmel. Die ehemals prächtig im spätbarocken Stil ausgestaltete Dorfirche ist zum Mahnmahl für die Vergänglichkeit und Brüchigkeit menschlichen Lebens und den wechselhaften Gang der Geschichte geworden. Über Jahrhunderte sahen diese Steine Hoffnung und Scheitern – vom privatesten Umfeld bis hin zu Wegmarken europäischer Geschichte – politisch wie geistig. Nun sieht die Ruine aus, wie von einem Krieg gezeichnet, gleichwohl sie in Friedenszeiten in diesen Zustand geriet. In ihrem Inneren ist ein temporärer Ausstellungsraum eingebaut. Reinweiße Wände setzen die Kunst in Szene mitten in einer zwar gesicherten aber immer noch brüchigen architektonischen Fassung. Die Besucherinnen und Besucher treten aus der Gegenwart durch die Vergangenheit in die Gegenwart. Der Ort als Inszenierung und Bewegung. Die Kunst als Spiegel und Membran. Beide gemeinsam als Wesen und Ausdruck menschlicher Widersprüche.

„Das große Schlachten“ verwebt die weit verzweigte Geschichte des Ortes und der Region mit den großen Debatten der Zeit. In dem Gebiet liegen zwei große Schlachtfelder. Die der Schlacht bei Lützen 1632 mit 10.000 toten Soldaten und der Schlacht bei Großgörschen 1813, zwischen Preußen, Russland und Napoleon mit 35.000 Toten. Es lag nahe, sich mit der historischen und nun wieder aktuellen Kriegssituation in der Ukraine zu befassen und den Krieg mit seinen Schrecken auszuleuchten. Die Ausstellungsidee setzt darum das Thema „Krieg und Frieden“. Assoziativ erweitert wird es durch den unweit gelegenen Schlachthof Weißenfels, in dem täglich 20.000 Tiere dem „Schlachten“ zum Opfer fallen. Für das Projekt wurden Künstlerinnen und Künstler angesprochen, deren Arbeiten thematisch in unsere Konzeption passen. Drei Künstler fertigen gezielt für diese Ausstellung Arbeiten an. Hinzu wird ein beziehungsreiches Begleitprogramm die künstlerischen Arbeiten sowie das Thema reflektieren und künstlerische Äußerungen anderer Gattungen gegenüberstellen.

Der ruinöse sakrale Raum selbst spricht. Visuell eindrucksvoll erzählt er von Schuld, Leid und Vergänglichkeit. Jahrhunderte – die christliche Siedlungsgeschichte am Ort reicht bis ca. 960 zurück – haben hier die Einwohnerinnen und Einwohner ihre eigene Verfasstheit als Menschen im Kontext ritueller Vergegenwärtigung, biblischer Verortung und in der Aktualisierung im Gebet reflektiert. Die in Trümmer gefallene Seele des Dorfes ist somit eng mit der Frage nach der Plausibilität christlicher Glaubensinhalte in der Gegenwart verbunden. Ihre Infragestellung hinterlässt an diesem Ort sinnbildlich und real eine Leerstelle. Der weiße Kubus im Inneren ist also kein weißes Blatt. Auf ihm wird weitergeschrieben, umhüllt von den Erinnerungen und Zitaten der Geschichte dieses Raumes und des umliegenden Kirchhofes werden Schritte in die Beschreibung und Deutung der Gegenwart gewagt. Es ist dieser bergende Orientierungsraum, der eine Auseinandersetzung mit der conditio humana erst in angemessener Tiefe ermöglicht ohne in die Verzweiflung abzugleiten.


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